10. Regionale Energiekonferenz
Fachbeiträge und Praxisbeispiele zur kommunalen Wärmeplanung
Im Alten Schützenhaus auf der Insel der Stadt Werder wurde am 28. Mai 2024 die 10. Regionale Energiekonferenz durchgeführt, an der erneut viele Vertreter, rund 60 Personen, aus Kommunen und Organisationen teilnahmen.
Mit einer Darstellung der aktuellen Situation zur Wärmeplanung, eröffnete der 1. Beigeordnete der Stadt Werder/Havel, Herr Große, die Konferenz und teilte mit dem Auditorium auch die aktuellen Herausforderungen. Neben dem Wasserschutz, erklärte Herr Große, würden auch der Denkmalschutz und sogar zu enge Straßen die Wärmeplanung erschweren.
Frau Macht von der Energieagentur Brandenburg stellte verschiedene Werkzeuge des Energieportals Brandenburg vor, die Kommunen zur Verfügung gestellt werden. So sei beispielsweise mit Hilfe des Wärmekatasters eine hochaufgelöste, quantitative und räumlich differenzierte Darstellung der bestehenden Wärme- und Kältequellen/-senken sowie der Netzinfrastruktur möglich. Das Modell basiere auf verfügbaren Daten zur Gebäudegeometrie und Gebäudenutzung. Anhand von Gebäudetypologien, statistischen Zuordnungen des Sanierungszustandes sowie des Heizungssystems könne eine Abschätzung des Wärmebedarfs und des Endenergieverbrauchs getroffen werden.
Herr Dr. Vogel von Edistherm zeigte anhand von Praxisbeispielen die Möglichkeiten und Grenzen einer CO-2-freien Wärmeversorgung auf. Über ein Wärmekostenvergleich stellte er verschiedene CO-2-neutrale Energiequellen zur Diskussion und benannte die Rahmenbedingungen für deren Preisstabilität. Abschließend präsentierte Herr Dr. Vogel den Prototyp einer kommunalen Wärmebox, welche als Wärmespeicher dient.
Zwei Vertreterinnen des Kompetenzzentrums Wärmewende aus Halle, welches sich mittlerweile als Informationsplattform auf Bundesebene etabliert hat, gingen zunächst auf die Integrationsmöglichkeiten der Wärmeplanung in der Kommunalverwaltung ein. Zu Beginn einer kommunalen Wärmeplanung (KWP), so Frau Mayer, sei es vorteilhaft eine Projektleitung innerhalb der planungsverantwortlichen Stelle zu bestimmen. Diese übernehme sowohl innerhalb als auch außerhalb der Kommunalverwaltungen bestimmte Aufgaben. So bindet die Projektleitung u.a. relevante Fachämter ein, beteiligt diese frühzeitig und aktiv am KWP Prozess, koordiniert die kommunale Infrastrukturentwicklung, treibt die energetische Sanierung in der Kommune voran und akquiriert Fördermittel.
Frau Gebhardt, ebenfalls vom Kompetenzzentrum Halle, geht anschließend an den Vortrag ihrer Kollegin auf Datenquellen und die Datenbeschaffung für die Kommunale Wärmeplanung ein. In diesem Zusammenhang stellt sie den KWW-Datenkompass vor, der einen bundeslandspezifischen Überblick gibt, wer im Rahmen der Kommunalen Wärmeplanung welche Daten liefern muss. Er hilft dabei, die Daten entsprechend den gesetzlichen Vorgaben bei den jeweiligen Datenhaltern abzufragen.
Herr Fiehler vertiefte das Thema „Bürgerenergiegesellschaften als konstruktiver Partner für die Kommunen am Beispiel von den Kommunen Teltow-Kleinmachnow und Stahnsdorf“. Fast enthusiastisch machte er deutlich, dass es Kommunen viele Vorteile bringe, kommunale Wärmeplanung und Umsetzung gemeinsam mit der Bevölkerung zu organisieren. Hierdurch werde privates Kapital in die Wärmeplanung eingebracht und die regionale Wertschöpfung gesteigert. Weiter erläutert er die vielen Privilegien, die durch das Erneuerbare Energiegesetz 2023 (EEG) für Bürgerenergiegesellschaften bestehen und welche Vorteile diese Organisationsform für alle Beteiligten hat.
Am Nachmittag wurden dem Plenum verschiedene Erneuerbare-Energien-Projekte präsentiert. Den Anfang bestritt Herr Dipl.-Ing. Rall von der Wärmeversorgung Rathenow, der Möglichkeiten für eine Wärmeplanung in Rathenow durch den Bau eines Windparks aufzeigte. Dabei erläuterte er die Wirtschaftlichkeit dieser Energieversorgung für Rathenow unter verschiedenen Szenarien und stellte sie anschließend zur Diskussion.
Ein weiteres klimaneutrales Energieprojekt stellte Herr Wiggeshoff vom Planungsbüro naturwind Potsdam für die Stadt Baruth vor. In diesem integrierten Energieprojekt soll die über einen Windpark produzierte Energie durch einen Elektrolyseur in Wasserstoff umgewandelt werden, der wiederum für verschiedene Derivate zur Laminatproduktion im Gewerbegebiet, vor allem durch das Unternehmen Classen, verwendet werden soll. Gleichzeitig sollen die großen bisher kaum genutzten Abwärmemengen des Unternehmens künftig für ein Wärmenetz zur Verfügung gestellt werden, dass die Stadt Baruth und Mückendorf mit Nahwärme versorgt. Interessant ist auch, dass bisher „ungenutzte Gase“ eingebunden werden. Das für die Wasserstoffproduktion notwendige Wasser soll am firmeneigenen Kamin abgefangen werden. Bisher wurde der Wassersdampf einfach in die Atmosphäre abgegeben. Auch die austretenden Kohlendioxidmengen sollen künftig abgefangen und beispielweise für die Leimproduktion genutzt werden. Der durch die Wasserstoffproduktion freiwerdende Sauerstoff könne wiederum im Baruther Klärwerk zur Wasserreinigung eingesetzt werden.
Ein weiteres Nahwärmeprojekt ist in Nennhausen im Havelland im Begriff realisiert zu werden. Geplant ist durch Nutzung von Biogas etwa 100 Häuser mit Wärme zu versorgen. Herausforderungen, so die Projektleitung, Herr Günter und Frau Heihler, seien momentan noch die teilweise fehlenden Netzanschlusskapazitäten und die mitunter mühselige und sehr zeitaufwendige Zusammenarbeit mit dem Stromversorger und der Deutschen Bahn.
Zuletzt stellte Herr Ischen das Unternehmen Vilisto aus Hamburg vor, dass sich vor allem dem Thema Energie sparen, bzw. der Energieeffizienz, verschrieben hat. Vor allem kümmert sich Vilisto um die Einsparung von Heizkosten von Nichtwohngebäuden, also Büro- und Gewerbegebäuden. Der Grundgedanke ist, dass nur bei realem Bedarf die Heizungen anspringen. Mit einem technischen Minimalaufwand eines digitalisiert und vollautomatischen Gebäudewärmemanagement und kurzen Amortisierungszeiten können bis zu 1/3 der Heizkosten von heute auf morgen eingespart werden. Für seine innovativen Produkte bekam Vilisto im Jahre 2020 den deutschen Innovationspreis für Klima und Umwelt.
Im letzten Tagespunkt befragte Herr Lippert das Auditorium, welche Themen in der nächsten Energiekonferenz behandelt werden sollen. Unter anderem wurden genannt:
- Informationen zum Fortgang der vorgestellten Projekte (Lessons learned)
- Informationen und Hilfestellung beim organisatorischen Umbau von Kommunalverwaltungen bei der Integration der Wärmeplanung als neuen Fachbereich
- innovative Lösungen und Problemlöser
Eine Möglichkeit sieht der Energiemanager, Herr Lippert, in einer regelmäßigen „Update-Stunde“, in der Inhalte der letzten Energiekonferenzen noch mal beleuchtet und Fortgänge dargestellt werden und die einen Austausch der Teilnehmer ermöglicht. In der nächsten Energiekonferenz, die für den Herbst 2024 vorgesehen ist, sollen die angedeuteten Denkanstöße so weit als möglich berücksichtigt werden.
Vorträge der 10. Regionalen Energiekonferenz zum Download
Kommunale Wärmeplanung
Lioba Macht, Energieagentur Brandenburg,
Wärmewende konkret: Bezahlbare Energielösungen & Partnerschaftliche Modelle für die Kommunen
Dr. Alexander Vogel, e.distherm Energielösungen GmbH
Integration der strategischen Fachplanung in die Kommunalverwaltung und Datenquellen und Datenbeschaffung für die kommunale Wärmeplanung
Paulina Mayer; Bianca Gebhardt, Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende (KWW/Halle)
Kooperationsmöglichkeiten zwischen Bürgerenergiegenossenschaften und Kommunen zur nachhaltigen Realisierung einer Kommunalen Wärmeplanung
Detlef Fiehler, Interim Management
Möglichkeiten der Wärmeplanung mit Erneuerbaren Energien in der Stadt Rathenow
Günther Rall, Rathenower Wärmeversorgung GmbH
Kommunale Wärmeplanung Beispiel Windpark Baruth/Mückendorf
Stephan Wiggeshoff, naturwind Potsdam GmbH
Nahwärmeprojekt in Nennhausen
Rico Günter, Prowind
Automatisiertes und bedarfsorientiertes Wärmemanagement
Nicolas Ischen, Vilisto
Bildquellen: ©Regionale Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming
Stand: 18.06.2024