Regionale Energiekonferenz (2019) Hintergrundbild

Regionale Energiekonferenz (2019)

Kein Klimaschutz ohne Wärmewende - Wie wir den schlafenden Riesen wecken

Die jährliche Regionale Energiekonferenz der Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming hat sich als gute Plattform etabliert, um über aktuelle Themen der Energie- und Klimapolitik zu informieren und zu diskutieren.

Am 30. April 2019 fand in Potsdam die bereits fünfte Regionale Energiekonferenz der Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming statt. Dieses Jahr zum Thema:

Kein Klimaschutz ohne Wärmewende
Wie wir den schlafenden Riesen wecken
 

Wärme hat den größten Anteil am Energieverbrauch und verursacht die meisten Emissionen. Doch was uns so selbstverständlich vorkommt, ein warmes Heim, ein heißes Bad, verbleibt bei der Energiewende-Debatte oft im Hintergrund. Nachhaltiger Öko-Strom ist bereits die Regel, vom ökologischen Heizen sind wir weit entfernt. Dabei birgt die Wärmewende ein enormes Potenzial.

Gemeinsam mit unseren Referentinnen, Referenten und Gästen wollten wir herausfinden, wie der schlafende Riese der Energiewende geweckt werden kann. Ziel war es, Probleme klar zu benennen und neue, innovative und dennoch erreichbare Ziele der kommunalen Wärmewende zu setzen.

Die sehr umfangreiche thematische Einführung in das Thema Wärmewende erfolgte aus Sicht der Energiesparagentur durch Bert Tschirner, Teamleiter WFBB Energie und aus Sicht des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung durch Elfi Heesch, Leiterin der Abteilung Stadtentwicklung und Wohnungswesen.

Der erste Teil der Konferenz bestand aus Impulsvorträgen,zu den ReferentInnen gehörte u.a. Prof. Dr. Bernd Hirschl von der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg und dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW).

In seinem Impulsvortrag stellte Prof. Hirschl die Bedeutung, Probleme und auch Lösungsansätze der Wärmewende anschaulich dar und verwies sehr deutlich auf Herausforderungen und Ausbaupotentiale. Über 50 Prozent des Endenergieverbrauchs werden für die Erzeugung thermischer Energie verwendet, der größte Teil davon für Raumwärme. Jedoch hat sich der Wärmeverbrauch in den letzten Jahren überhaupt nicht verändert. Sehr einprägsam waren die Fakten zu den Zielen der Wärmewende und dem Anteil an Erneuerbaren Energien, der bis 2020 lediglich 14 Prozent betragen soll. Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Wärmeerzeugung wurde jedoch bereits 2012 erreicht. Danach konnte sich der Anteil leider nicht weiter steigern. Ferner machte Prof. Hirschl darauf aufmerksam, dass neben der klimafreundlichen Erzeugung von Energie, auch eine massive Einsparung von Energie einhergehen muss, um die Klimaziele zu erreichen. Die Rahmenbedingungen für die Wärmewende sind bisher unzureichend und es braucht wirkungsmächtige Instrumente, wie etwa einen sozialverträglichen CO2-Preis. Weiterhin veranschaulichte er die Komplexität und Heterogenität des Wärmemarktes, indem er auf zahlreiche interessengeleitete Studien hinwies. Bei der Strom-Wärmekopplung sieht er jedoch einen größeren Nutzen für die Strom- als für die Wärmewende. Zum Schluss wies Prof. Hirschl noch darauf hin, dass heute mehr gute Beispiele in Bestandsquartieren und Wärmenetzen gebraucht werden.

Oliver Reif-Dietzel (Service- und Kompetenzzentrum: Kommunaler Klimaschutz (SK:KK)) stellte die Förderprogramme in der novellierten BMU-Kommunalrichtlinie vor und legte dabei einen speziellen Fokus auf die Wärmewende. Unter Anderem werde auch die erstmalige Einführung von Energiemanagementsystemen und Energiesparmodellen (ESM) an Schulen gefördert. Ein Antrag auf Förderung kann jeweils vom 1. Januar bis 31. März und vom 1. Juli bis 30. September eingereicht werden.

Den Newsletter des SK:KK können Sie unter folgendem Link abonieren: https://www.klimaschutz.de/newsletter

Oliver Buchin (TU Berlin und der Verbraucherzentrale Berlin/Brandenburg) informierte über die Energieberatung für Bürgerinnen und Bürger und die energetische Gebäudesanierung. Dabei ging er auf die Angebote der Verbraucherzentralen ein und erläuterte, wie man EigenheimbesitzerInnen unterstützen könne.

Als letzter Impuls folge der Vortrag von Robert Riechel (Deutsches Institut für Ubarnistik) zu Handlungsansätzen für Kommunen zur Gestaltung der Wärmewende. Nach einer Darstellung der Akteure der lokalen Wärmewende, z.B.die Kommunen, die Energie-t und Wohnungswirtschaft, ging er noch auf die hohe Komplexität örtlicher Gegebenheiten ein. Das Herzstück des Vortrages waren die 7 Handlungsansätze für die kommunale Wärmewende, angefangen bei strategischen Allianzen über Sanierungsmanagement bis hin zum Wandel des gesellschaftlichen Klimas.

In der zweiten Hälfte der Konferenz folgten die Praxisbeispiele. Dabei wurden heute bereits existierende und funktionierende Ideen vorgestellt und zum Nachmachen und Multiplizieren an die Gäste weitergegeben.

Mascha Richter vom Reiner-Lemoine-Institut stellte das Stakeholder Empowerment Tool als Hilfestellung bei der Wärmewende vor. Bei diesem innovativen Tool handelt es sich um ein simulatives Werkzeug zur Unterstützung von Beteiligungsprozessen der Energiewende. Es berechnet die Auswirkungen von Maßnahmen, schafft Verständnis und ermöglicht Beteiligung. Auf diese Weise ist es effektiv im Diskurs mit verschiedenen Stakeholdern einsetzbar. Mit dem Open-Source Energiesystemmodell kann der Eigenheimbesitzer/die Eigenheimbesitzerin verschiedene Wärmeversorgungslösungen für ein Einzelgebäude oder auch für ein ganzes Quartier vergleichen. Die relevanten Parameter zu Gebäudeeigenschaften und Technologien wie PV, Wärmepumpe oder Gasheizung können über die graphische Oberfläche eingestellt werden. Im Ergebnis ist es möglich verschiedene Versorgungsmöglichkeiten zu vergleichen und sich dadurch für eine Technologie zu entscheiden.

Die Beta-Version des Tools ist als webbasierte Anwendung und auf mobilen Geräten nutzbar und kann unter folgendem Link getestet werden: https://wam.rl-institut.de/stemp/

Paula Koch (Klima Consulting Koch) präsentierte das Modellprojekt „Solare Substitution im Freibad Kiebitzberge“, in dem die Warmwasserversorgung durch solare Substitution komplett auf Erneuerbare Energien umgestellt wurde.

Das Modellprojekt besteht aus zwei voneinander unabhängigen Technologien, welche verschiedene Zielgruppen ansprechen. Das solarthermische System ermöglich ein ganzjähriges solares Heizen und die Erzeugung von Warmwasser, wobei die Erträge vier Mal höher als bei konventioneller Solarthermie sind. Ziel des Projektes ist es, Multiplikations-Effekte zu erzeugen und aufzuzeigen, dass dieses System auch auf ein Einfamilienhaus übertragbar ist. Dagegen haben die Schwimmbad-Freiflächenkollektoren die Aufgabe, das Wasser im Schwimmbecken solar aufzuwärmen. Pro Saison sind so Erträge von ca. 190 MWh möglich. Diese Technologie dient als Modell für andere Freibäder.

In regelmäßigen Abständen finden Führungen im Freibad statt, bei denen das Projekt und die beiden Technologien vorgestellt wird.

Den Schluss des Praxisteils übernahmen Dr. Andreas Kulczak (EMCplan) und Dr. Thomas Freitag (Steinbeis-Transferzentrum Energie- und Umwelttechnik). Sie stellten unter anderem ihre Projekte zu energetischen Quartierskonzepten als möglichen Beitrag zur Wärmewende vor. Als Kompetenz- und Unternehmenszusammenschluss von 140 ausgewählten Energie-Expertinnen und -experten, Ingenieurbüros und Technologiefachkundigen, setzt EMCplan auf eine ganzheitliche Betrachtung aller Vorhaben. Dr. Freitag zeigte jeweils ein Beispiel für ein Quartierskonzept im Bestand als auch im Neubau. Darüber hinaus informierte er auch über Förderprogramme in diesem Bereich.

Zum Schluss diskutierten alle Referentinnen und Referenten mit der Moderatorin, Babara Ral (Klimaschutzmanagerin Potsdam-Mittelmark) über Schwierigkeiten und Lösungen zum Voranbringen der Wärmewende, über eine notwendige fördernde Gesetzgebung, bürokratische Hürden und das technisch Machbare.

Wir bedanken uns für Ihre Teilnahme und freuen uns auf die sechste Regionale Energiekonferenz zu einem aktuellen und spannenden Thema, das die Region bewegt.

Veröffentlicht am: 03.06.2019